*alle Bilder und Texte wurden mir von der Herausgeberin zur Verfügung gestellt
Text von Irina L. Kendall
Die Idee zu „Sturmfälle“ entstand, während ich am letzten Band von „Jahre des Sturms“ – „Eagle“ – geschrieben habe. Es wird dort auch erwähnt. Darius fragt Gale, ob sie nicht eine Art True Crime-Serie zu seinen Fällen als LGBTIQ*-Anwalt in South Carolina und Massachusetts machen könnten, und Gale stimmt zu.
Die beiden bilden den Rahmen und „moderieren“ die 12 Fälle.
„Jahre des Sturms“ muss man übrigens nicht gelesen haben, um „Sturmfälle“ zu verstehen. Unsere Testleser, Sigrid und Thomas, haben das überprüft. Vielen Dank an euch beide.
Um die Fälle spannend und dynamisch zu gestalten, habe ich sie von anderen Autoren schreiben lassen.
Ich gestalte die „Auflösung“ dazu, schreibe also, was Gale unternommen hat, um seinen Mandanten zu helfen, und wie erfolgreich er dabei war.
Zwar gab es einen Rahmen, also Setting und ein, zwei Sätze zu dem Fall, aber in allem anderen waren meine Mitstreiter frei, sodass ich mich überraschen lassen und mir spontan überlegen musste, was Gale daraus macht. Das hat es interessant und abwechslungsreich gemacht.
Da es in allen Fällen um Diskriminierung oder sogar Gewalt geht und mir die „Rosa Strippe e. V.“ über den Weg lief, die Gales Mandanten auf psychosozialer Ebene beratend zur Seite gestanden hätte, habe ich den Verein spontan gefragt, ob wir ihn als Spendenziel nennen dürfen.
Die Geschichten in „Sturmfälle“ sind fiktiv, aber sie basieren auf Ereignissen, die es so oder so ähnlich gab und gibt.
Gewalt gegen LGBTIQ* ist real. Wer Opfer von Gewalt wird, braucht Hilfe. Nicht alle queeren Personen möchten sich dabei an eine allgemeine Beratungsstelle wenden. Denn noch immer werden sie nicht überall verstanden.
Daher ist es uns ein wichtiges Anliegen, die „Rosa Strippe“ zu unterstützen, und hoffen, möglichst viele Spenden für sie sammeln zu können.
Weiterhin möchten wir mit unseren Geschichten darauf aufmerksam, dass sich die westliche Gesellschaft gerade zurück entwickelt und Gewalt gegen LGBTIQ* zunimmt. Auch NGOs wie die „Rosa Strippe“ sind auf einmal keine Selbstverständlichkeit mehr. Es ist wieder Zeit für Zivilcourage!
Alle Gewinne, die wir mit „Sturmfälle“ erzielen, werden an die „Rosa Strippe e. V.“ gespendet.
Daher möchte ich den Verein an dieser Stelle einmal genauer vorstellen.
Die „Rosa Strippe“ hat ihren Sitz in Bochum und befasst sich mit den individuellen und gesellschaftlichen Problemen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*- und inter*-Personen und leistet ihnen Hilfestellungen zur Lösung ihrer Probleme.
Gegründet wurde die „Rosa Strippe“ bereits 1980 – als ein Notruftelefon von schwulen Männern für schwule Männer. Das Krisentelefon gibt es auch heute noch, das Beratungsfeld hat sich seitdem jedoch erweitert. Dass die Beratende selbst queer sind, hat sich nicht geändert.
Es ist ein anerkannter, gemeinnütziger Verein, der durch das Bundesinnenministerium gefördert und durch verschiedene Dachverbände wie z. B. den Paritätischen Landesverband NRW unterstützt wird. Trotzdem sind Vereine wie diese auf Spenden angewiesen.
Wenn ein Land nach rechts schwenkt, trifft es Gruppen wie LGBTIQ* immer zuerst. So gesehen in Polen, Ungarn … Also in direkter Nachbarschaft. Es gibt weiterhin viele Länder, in denen queere Menschen keine Rechte haben oder sogar verfolgt werden – bis hin zu Gefängnisstrafen und Hinrichtungen.
Die queere Community in den USA hat sich mühsam durch die letzten Jahrzehnte immer weiter ans Licht gekämpft, ähnlich wie wir hier in Deutschland.
Innerhalb weniger Wochen wurde in den USA das gerade alles eingerissen oder ist akut bedroht. Einem Verein wie „Rosa Strippe“ hätte man bereits sämtliche öffentliche Gelder gestrichen.
So weit sind wir hier noch nicht, aber es könnte passieren. Lasst uns dagegensteuern, solange wir noch können!
Gefragt habe ich befreundete Autoren, einige, die mit dunkler Ader aufgefallen sind, ein oder zwei sind auf anderen Wegen dazugekommen, und es könnte sein, dass ich ein oder zwei genötigt habe, mitzumachen. :D
So ist eine Mischung aus bekannten und vollkommen unbekannten Namen zusammengekommen, darunter auch welche, die für andere Genres stehen. Wichtig war mir vor allem die Intensität, denn „Sturmfälle“ ist keine leichte Kost und sollte es auch nie sein.
P.R. Jung hat gemeinsam mit Tenshi den Fall Kenneth geschrieben, Tuula Schneider den Fall Edward, Domenic Blair den Fall Marlon. Außerdem war er Co-Autor beim Fall Chris.
Miranda J. Fox hat den Fall Alina beigesteuert, Jayden V. Reeves den Fall Lawrie, Princess Poppy Gray den Fall Donald.
Jaden Quinn ist mit zwei Fällen vertreten (aber Jaden ist eine gespaltene Persönlichkeit und besteht aus zwei Persönlichkeiten ^^) – Jenna und Michael.
Georg Brun hat den Fall Jamie geschrieben, Olivia Lienau den Fall Heather & Erin, Marvin Grauwolf den Fall Nadja & Phoebe.
Gale hat seine Karriere als Anwalt in den 1990er Jahren in Charleston, South Carolina, begonnen und musste 2001 ins „Exil“ nach Boston, Massachusetts, gehen, wo er bis 2012 tätig war. In dieser Zeit spielen auch unsere Fälle.
„Das ist doch dann gar nicht aktuell“, werden vielleicht einige sagen. „Wie kann ein Blick zurück dabei helfen, die Zukunft zu gestalten?“
In den USA – aber auch in Europa – sind mühsam errungene Rechte für LGBTIQ* gerade akut gefährdet. Auch gibt es etliche Länder auf der Welt – manche davon gar nicht so weit weg von uns –, in denen es bis heute keine gibt.
Wie es ist, keinerlei Rechte zu haben, verfolgt zu werden und kaum etwas dagegen tun zu können, erzählen die Fälle aus Charleston. Es spielt keine Rolle, dass sie in den 1990ern stattgefunden haben. Sie könnten genauso heute in einem Land ohne LGBTIQ*-Rechte passieren. Sie könnten sich auch in der Zukunft hier zutragen, sollten wir unsere Rechte wieder verlieren.
Kaum einen Unterschied zu unserem Kulturkreis und unserer Zeit stellen die Fälle aus Boston dar. Denn Massachusetts hat eine vorbildliche Palette an Rechten. Trotzdem hapert es mit der Akzeptanz – und manche Gruppierungen, wie Inter- und Trans*personen – haben längst noch nicht alle Rechte. Oder sie stehen gerade massiv unter Beschuss.
Betrachtet die „Sturmfälle“ also einfach als Beispiele für Ereignisse, die sich so zugetragen haben könnten, sich gerade in einem Land zutragen, in dem LGBTIQ* verfolgt wird, oder sich wieder so zutragen könnten, wenn wir zulassen, dass uns unsere Privilegien wieder weggenommen werden.
Die einzelnen Fälle

Den Fall Kenneth haben P.R. Jung und Tenshi geschrieben.
P.R. Jung ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die 1971 in einer Kleinstadt in Hessen geboren wurde. Die Autorin wohnt mit ihrem Mann und ihren zwei Katzen in der Nähe von Limburg, wo auch ihre erste Romanreihe spielt, „Im Schatten der Vergangenheit“, die sie mit Ihrer Co Autorin Tenshi geschrieben hat.
Tenshi ist das Pseudonym einer deutschen Autorin. Sie wurde im Jahre 1995 im Winterwunderland Erzgebirge geboren und ist dort aufgewachsen. Nach einem FSJ und der darauffolgenden Ausbildung zur Sozialassistentin war der Grundstein für die Altenpflege gelegt.
Sie wohnt mit ihrer kleinen Familie seit einigen Jahren im schönen Hessen. Sie schreibt vor allem im (Gay-)Romance-Bereich, legt sich allerdings nicht darauf fest, da es viele Genres zu erkunden gibt und die Fantasie endlos scheint.
Das Thema von „Fall Kenneth“ ist HIV/AIDS und die Diskriminierung der Betroffenen in den 1980er- und 1990er-Jahren.
Wer jetzt sagt, das sei nicht mehr aktuell – leider ist HIV immer noch ein Thema. Nicht unbedingt bei uns hier in Deutschland, aber in vielen anderen Ländern. Und durch das Verhalten des Trump-Regimes könnten einige davon von Vorsorge, Aufklärung und Medikamenten so abgeschnitten werden, dass alle Fortschritte zunichtegemacht werden.
Oder denken wir an den Masernausbruch in den USA, der mit Lebertran und Vitamin A statt mit Impfungen bekämpft wird. Corona ist ebenso wenig lange her.
Es könnte auch jederzeit eine neue Seuche ausbrechen. Was, wenn die scheinbar wieder eine bestimmte Gruppe betrifft, so wie man in den 1980ern lange Zeit so tat, als könnten sich nur schwule Männer mit HIV infiziert? Stichworte: „Sch*ulenseuche, Geißel Gottes“ etc.
Wir leben in einer Zeit, in der viele Menschen der Wissenschaft „skeptisch“ gegenüberstehen. Oder soll ich sagen: sie leugnen? In den USA steht sie aktuell massiv unter Beschuss. Das kann tödliche Folgen haben.
Auch dagegen sollten wir uns wehren, solange wir noch können, denn LGBTIQ* werden immer zuerst von medizinischer Versorgung abgeschnitten – und wir waren lange Gegenstand „falscher Wissenschaft“ oder „ideologischer Wissenschaft“, unter deren Folgen wir teilweise heute noch leiden.

Den Fall Edward hat Tuula Schneider geschrieben.
Tuula Schneider, 1962 in Basel/Schweiz geboren und aufgewachsen, wohnt heute mit ihrem Mann und vielen Tieren auf einem Selbstversorger-/Lebenshof in der Bretagne. Im Land der Kelten und Mythen. Am Ende der Welt.
Stift und Papier gehörten schon immer zu ihren großen Leidenschaften, deshalb lebt sie ihre kreative Ader hauptberuflich als freie Illustratorin und Coverdesignerin aus.
Das Thema dieser Geschichte ist die Ungleichbehandlung von LGBTIQ* in der Justiz. Zwar sollte die Justiz objektiv sein, aber die Wahrheit war – auch in den liberalen westlichen Staaten – immer schon eine andere. Denn Richter und – in einigen Systemen – Geschworene sind Menschen und Produkte ihrer Umwelt. Sie bringen Vorurteile mit und lassen sich allzu oft davon leiten. Und falls wir glauben sollten, die Gesellschaft hätte heute keine Vorurteile mehr gegenüber queeren Personen, irren wir.
Ein weiteres Thema sind die Folgen des Versteckens.
Die Gründe sind nicht immer nur bei der Gesetzeslage zu suchen. Natürlich fördert das Nichtvorhandensein von Gesetzen oder gar ein Verbotsparagraf (wie bei uns früher § 175) das Gefühl, sich verstecken zu müssen. In den meisten Fällen hat es aber sehr viel mehr etwas mit dem Verhalten von Familie, Umfeld und Gesellschaft zu tun. Wem von Kindesbeinen eingeredet wird, alles Queere sei pfui und ganz schlimm, neigt dazu, alles zu unterdrücken und zu leugnen, was sich (vielleicht sogar nur vermeintlich) in einem regt.
Die Folgen sind Lügen, Gewalt (gegen sich selbst und andere), Depressionen oder einfach nur das ewige Gefühl, etwas sei mit einem nicht in Ordnung.
Seit ein paar Jahren gibt es einem Empörungssturm von rechter Seite gegen alles, was mit se*ueller Aufklärung zu tun hat. Man müsse Kinder davor schützen, mit „Gender*wahn“ überzogen zu werden etc.
Jeder ältere queere Mensch kann jedoch sagen, dass er wünschte, er wäre frühzeitig informiert worden. Es hätte so vieles erspart. Verstecken, Selbstzweifel, Unglück.
Aufklärung verwirrt also nicht, Aufklärung rettet u. U. sogar Leben.
Der Fall Marlon wurde von Domenic Blair geschrieben.
Domenic Blair, Jahrgang 1977, wurde in Münster geboren und lebt mit seinem Mann und einer Bengalenkatze namens Bisou sowie drei Vogelspinnen in Lünen, NRW. Bereits als Kind hatte der Autor den Wunsch, ein eigenes Buch zu veröffentlichen. Dieser Traum erfüllte sich 2017 mit dem ersten Buch namens „Schwarze Tränen – Seelensplitter“, ein Lyrikband, in dem der Autor seinen Gefühlen freien Lauf ließ, um mit seinen Depressionen besser umgehen zu können. Danach folgten die Anthologien „Tränenspiele – Kompass des Lebens“ und „Seelenweg – Schlüssel der Zeit“.
In Band 14 von „Jahre des Sturms“, „Eagle“, ist er mit seinen Protagonisten James und Matt zu Gast.
Das Thema von Fall Marlon ist der sogenannte Sodomie-Paragraf. Er hat viele Namen und war / ist in allen Ländern ein bisschen anders, dient/e aber letztlich immer dazu, Männer verfolgen zu können, die Se* mit Männern haben. In Deutschland war es § 175, der erst 1994 (!) abgeschafft wurde. In den USA gab es noch viel länger „Sodomie-Staaten“ (bis 2003), und das Trump-Regime bemüht sich gerade darum, das Urteil rückgängig zu machen, das die Regelungen der einzelnen Staaten überschrieben hat.
In vielen anderen Ländern gibt es noch einen solchen Paragrafen. Zum Beispiel werden aktuell in Tunesien aktiv schwule Männer und Transpersonen verfolgt.
Zum Einsatz kamen / kommen dabei häufig Undercover-Polizisten, die sich an Treffpunkten herumtreiben, vorgeben, Se* haben zu wollen, um den anderen Mann dann zu verhaften. Manche verfolgen auch Paare nach Hause, um unter einem Vorwand die Wohnung zu stürmen und die Männer „in flagranti“ zu erwischen. (Durch einen solchen Fall kam es 2003 zu jenem Supreme Court-Urteil, das in den USA zur Überschreibung des Sodomie-Paragrafen führte.)
Stellt euch das mal vor – ihr habt Spaß, und dann stehen auf einmal ein Haufen Polizisten neben eurem Bett und kontrollieren, auf welche Weise ihr Se* habt. Falls es die „falsche“ ist, werdet ihr verhaftet und wegen „Unzucht“ verurteilt.
Klingt unglaublich, aber wie gesagt, solange her ist das nicht, dass auch hierzulande so vorgegangen wurde. In der „guten alten Zeit“ (1950er- und 1960er-Jahre) übrigens auch gegen heterosexuelle Paare.
Den Fall Chris habe ich, Irvin L. Kendall, gemeinsam mit Domenic Blair geschrieben.
Das Thema ist Zivilcourage.
Gerade ist die Zivilgesellschaft, die Vernunft bewahrt und sich gegen allzu abstruse Pläne und Äußerungen von Politikern zur Wehr setzt, besonders gefragt.
Mehr wollen wir über diesen Fall nicht verraten, um nicht zu spoilern, denn er wurde einem nachempfunden, der die LBGTIQ*-Community in Deutschland sehr bewegt hat. Wir haben ihn dieser Person gewidmet, und wenn ich an dieser Stelle sage, um wen es sich handelt, wüssten zu viele, wie der Fall ausgeht.
Aber das wollt ihr sicher selbst herausfinden, oder?
Der Fall Alina wurde von Miranda J. Fox geschrieben.
Miranda J. Fox wurde 1989 in Berlin geboren, wo sie auch heute noch lebt und arbeitet.
Im Jahr 2012 erschien ihr Verlagstitel und Debütroman „Sheylah und die Zwillingsschlüssel“. Zwei Jahre darauf folgte der erste Roman in Eigenregie unter dem Pseudonym Miranda J. Fox, unter dem sie bis heute erfolgreich Liebesromane veröffentlicht. Wenn sie nicht gerade schreibt, designt sie Buchcover und taucht in Fantasyromanen ab.
Miranda ist nicht für queere Themen bekannt. Ich habe sie trotzdem gefragt, weil sie wunderschön und intensiv schreiben kann.
Ihr Thema ist häusliche Gewalt, die Frauen im Allgemeinen und sehr viel häufiger betrifft als Männer. Dass Alina den Mut findet, sich von ihrem Mann trennen zu wollen, weil sie in Violet eine Frau findet, die mehr als eine Freundin ist, ist hier fast schon nebensächlich. Der Besitzanspruch ihres Mannes wird dadurch aber noch einmal mehr angestachelt. Somit geht es auch um Sexismus, der lesbische und bisexuelle Frauen oft doppelt trifft, weil Männer es hassen, dass es Frauen sind, die sie in keinerlei Hinsicht brauchen.
Der Fall Lawrie wurde von Jayden V. Reeves geschrieben.
Jayden V. Reeves begann bereits als Kind mit dem Schreiben. Selbst homosexuell haben auch seine Hauptcharaktere schwule bzw. bisexuelle Identitäten, wobei er hier nicht den Schwerpunkt seiner Geschichten legt, die den Genres Drama & Contemporary zuzuordnen sind.
„Ich denke, eines ist sehr wichtig zu wissen, wenn jemand meine Geschichten lesen möchte: Ich beschönige die Dinge nicht. Zu keiner Zeit. Meine Geschichten handeln nicht von makellosen, tugendhaft wertvollen Menschen. Ich schreibe keine Bücher, um den oft so favorisierten gesellschaftlichen ‚guten Ton‘ zu präsentieren oder um mich bei etwaigen Vergehen gar als Richter meiner Protagonisten aufzuspielen. In meinen Büchern verhalten sich meine Charaktere selten ethisch korrekt und sozial erwünscht. Sie übertreten Grenzen. Manchmal auch sehr bewusst. Sie sind menschlich. Wir alle handeln nicht immer moralisch perfekt. Das ist die Realität. Die Kunst des Ganzen besteht für mich darin, all diese Dinge zu schreiben, ohne sie zu verherrlichen. Sie geschehen. Punkt. So gesehen, existieren hier keine Tabus.“
Das Thema ist Gewalt gegen LGBTIQ*. In diesem Fall – wie tausend Mal in der Realität passiert – gegen einen Mann, der offenkundig schwul ist und keinen Hehl daraus macht.
Es ist schwer, verlässliche Zahlen über Angriffe zu finden, denn die meisten Länder erfassen Hasskriminalität erst seit wenigen Jahren. In Deutschland gab es 2023 1.785 Fälle, wobei die Dunkelziffer weiterhin hoch ist. In den USA ist die Lage ähnlich. Nur das FBI führt eine solche Liste, es werden aber längst nicht alle Vorfälle dorthin gemeldet. Jetzt, unter dem Trump-Regime, dürfte diese Dokumentation wieder eingestellt werden, obwohl Fälle wie die von Lawrie wieder zunehmen werden. Sobald Gruppen nicht mehr geschützt werden und sich die öffentliche Meinung gegen sie wendet, werden sie auch Opfer von Gewalt – zumal die Täter obendrein meistens ungestraft davonkommen.
Persönliche Nachfragen in der amerikanischen LGBT-Community haben ergeben, dass die „political correctness“ längst in sich zusammengebrochen ist. Eine Aktivistin erzählte mir, dass alle, die der neuen „Regierung“ zustimmen, sich nicht mehr verpflichtet fühlen, Toleranz zu heucheln. Beschimpfungen und Diskriminierungen im Alltag haben stark zugenommen.
Der Fall Donald wurde von Princess Poppy Gray geschrieben.
Princess Poppy Gray ist das Pseudonym einer Hundeliebhaberin, die ihre Geschichten das erste Mal an die Öffentlichkeit kommen lässt. Verstaubten sie sonst in der Schublade ihrer Queen Anne-Villa, flatterte der Auszug einer besonders prekären Geschichte über zwei Stallburschen in die Hände eines Verlegers, der die Stadt besuchte, in der Poppy wohnt. Prompt bot er ihr an, für ihn zu schreiben und seine Ideen zusammen mit Poppys Einfällen zu verwirklichen. Das Ende vom Lied: Jener Verleger brachte Poppys Geschichten in ein Boulevardheftchen der Region, und sie bekam teils schlüpfrige, jedoch zweifelhaft lobende Worte der Leserschaft. Jetzt will Poppy MEHR! Und da ist sie nun …
Poppy schreibt sonst unter einem anderen Namen in einem völlig anderen Genre. Daher wollte sie diese beiden Sachen nicht in einen Topf werfen.
Ihr Thema ist Mobbing – aus der Sicht der Mutter des Betroffenen. Denn Angehörige werden oft vergessen, wenn es um Gewalt gegen LGBTIQ* geht.
Wir möchten in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass queere Personen häufig von Mobbing betroffen sind und die Selbstmordrate unter queeren Teenagern hoch ist. Besonders in Gesellschaften, in denen sie nicht willkommen sind.
Mobbing betrifft aber auch viele andere – aus den verschiedensten Gründen.
Denkt immer daran, dass ihr wertvolle, wunderbare Menschen seid. Wendet euch bei Mobbing und Selbstmordgedanken unbedingt an jemanden. Es gibt Krisentelefone wie das der Telefonseelsorge und weitere Anlaufstellen.
Wenn ihr queer seid, könnt ihr euch an unser Spendenziel wenden, die „Rosa Strippe“, die auch ein Krisentelefon anbietet.
In den USA wurde das Krisentelefon gerade gestrichen. Wir sollten sicherstellen, dass es hier weiterhin genug Anlaufstellen für Menschen in Not gibt.
Der Fall Jamie wurde von Georg Brun geschrieben.
Georg Brun (* 10. Januar 1958) wuchs in München auf. Von 1979 bis 1983 war er Kriminalbeamter im Bayerischen Landeskriminalamt. Später war er Assistent am Institut für Bayerische Rechtsgeschichte und Rechtsreferendar in Landshut. Knapp 30 Jahre arbeitete er im Bayerischen Wissenschaftsministerium. Er gehörte der Autorenvereinigung „Die Kogge“ an und war im Vorstand der Deutschen Schillerstiftung von 1859. 1989 erhielt er den Bayerischen Literaturförderpreis, 1997 ein Aufenthaltsstipendium der Casa Baldi. Er veröffentlicht seit 2021 Kriminalromane und ist Mitglied in der Autorenvereinigung SYNDIKAT.
Mit der jungen bisexuellen Rechtsanwältin Olga Swatschuk rief er eine München-Krimi-Reihe ins Leben, die mit dem neuesten Roman „Venusgold“ bereits vier Bände aufweist. Der pensionierte Mordermittler Nathan Weiß ermittelt nach „Spüre meinen Zorn“ und „Liebe meine Farben“ neuerdings auch in „Stirb für Damals“.
Das Thema sind Zwangsoperationen bei Interpersonen, früher „Hermaphroditen“ oder „Zwitter“ genannt und als solche auch in der Gesellschaft bekannt.
Etwa in den 1910er/20er-Jahren wurde mit den Operationen begonnen, und da wurde auch die Mär von den „zwei Geschlechtern“ erfunden. Fortan wurden intergeschlechtliche Personen an eines der beiden vorrangigen Geschlechter anpasst, meistens schon im Kindes- und Jugendalter, ohne die Betroffenen zu fragen, und der „Hermaphrodit“ verschwand aus dem Gedächtnis der Gesellschaft.
Die Praxis der Operationen wurde erst vor wenigen Jahren verboten. In diesem Zusammenhang kamen Begriffe wie „divers“ und auch der Genderstern auf – in einem etwas hilflosen Versuch, dieses dritte Geschlecht wieder „gesellschaftsfähig“ zu machen.
Mit der Behauptung des Trump-Regimes, es gäbe nur zwei Geschlechter, wurden in den USA gerade all diese winzigen Fortschritte wieder zurückgedreht.
Es ist wichtig, dass hier nicht das Gleiche passiert, denn es gibt uns nun mal.
Aus eigener Erfahrung – denn ich bin inter – kann ich sagen, dass es sehr schwierig ist, wenn man in der Vorstellung seiner Mitmenschen nicht existiert.
Der Fall Jenna wurde von Jaden Quinn geschrieben.
Jaden Quinn ist ein Pseudonym, das von zwei Autorinnen verwendet wird: Nina Meiroth, geboren 1995 in Schwäbisch Hall, und Gabi Büttner, Jahrgang 1970 aus Niedersachsen. Beide bringen unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven in ihre Geschichten ein. Während Nina eine Ausbildung zur Gärtnerin absolvierte, war Gabi viele Jahre im Buchhandel tätig und arbeitet heute für einen Kinderbuchverlag.
Seit 2018 schreiben sie gemeinsam die McLain-Reihe, die Elemente von Thriller und Abenteuer verbindet. Die Reihe überzeugt mit spannenden Plots und tiefgründigen Charakteren. Ihr Debüt „Flucht“ erschien im Oktober 2018 und markierte den Beginn einer erfolgreichen Zusammenarbeit.
Ihre Geschichten betonen menschliche Vielschichtigkeit, das Überwinden von Hindernissen und die Ambivalenz moralischer Entscheidungen. Mitreißend und emotional fordern sie ihre Leser heraus, die Welt aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.
Das Thema ist die Täter-Opfer-Umkehr. Obwohl Jennas Fall eindeutig wirkt, wird sie im Anschluss zur Täterin gemacht.
Gale sagt an einer Stelle, Jenna habe doch nicht selbst ihren Kopf auf die Motorhaube geschlagen, nur, um unschuldig zu wirken.
Es steht symbolisch dafür, dass jemand, der angegriffen wird und sich wehrt, auf einmal zum Aggressor erklärt wird, wie wir es aktuell z. B. im Fall der Ukraine erleben. Auch sogenannte Minderheiten erfahren das immer wieder. Sie werden verfolgt, sind aber aus Sicht der Täter und derer, die sie unterstützen, selbst schuld daran oder gar diejenigen, die provozieren. Diese Sichtweise nimmt immer mehr zu, und sie betrifft ganz besonders queere Personen und Frauen.
Die MeToo-Debatte hatte eine Weile dafür gesorgt, ein wenig mehr den Blick auf Gewalt gegen Frauen zu richten, aber inzwischen ist es eher rückläufig, und sogar einige Frauen sagen, ihre Geschlechtsgenossinnen seien selbst schuld, wenn sie angegriffen würden, ja, sogar, Feminismus und Emanzipation zwinge Männer dazu, (rechts)radikal zu werden und ihre „angestammten“ Rechte zurückzufordern.
Durch den Rechtsruck übertönt das Geschrei gegen „die Ausländer“ die Kriminalstatistiken, die eine ganz andere Sprache sprechen: Eine hohe Zahl Femizide, Angriffe auf Frauen und queere Personen sowie eine massive Zunahme rechtsradikaler Delikte.
Wir sollten daher besser genau hinsehen, von wem eine Bedrohung ausgeht.
Dies ist der zweite Fall aus der Feder von Jaden Quinn. (Wie gesagt, er ist eine gespaltene Persönlichkeit. ^^)
Das Thema ist die sogenannte „Konversionstherapie“. Religiöse Gemeinschaften drängen (zumeist) junge Leute dazu, sich ihre „queeren Tendenzen“ und „sündigen Verlangen“ „wegtherapieren“ zu lassen. Da das nicht geht, wird in solchen „Therapien“ zu Foltermethoden gegriffen, um die Probanden gehirnzuwaschen und ihren Willen so zu brechen, dass sie sich zumindest einbilden, hetero zu sein.
Die „Konversionstherapie“ wurde erst in wenigen Ländern verboten, sodass sie leider in etlichen Ländern noch immer ein aktuelles Thema ist. In Deutschland ist sie inzwischen verboten. In den USA kommt es auf den jeweiligen Staat an.
Um bei der Geschichte zu bleiben – in Massachusetts ist sie inzwischen verboten, in South Carolina noch immer nicht. Das Trump-Regime fördert sie, sodass nicht damit zu rechnen ist, dass sich dort an der Situation etwas verbessert.
Gerade wird versucht, sie EU-weit zu verbieten, aber die Gefahr, die davon ausgeht, wird weiterhin unterschätzt.
Der Fall Heather & Erin wurde von Olivia Lienau geschrieben.
Olivia Lienau (*1996) lebt mit ihrem Mann, ihren zwei Töchtern und ihrer Golden Retriever Dame Oona in Niedersachsen an der Elbe. Ihre Leidenschaft für das Geschichtenerzählen entdeckte sie schon im jungen Alter. Mithilfe von strukturiertem Arbeiten, das sie im BWL-Studium lernte, gelang es ihr schließlich, ihren Geschichten einen roten Faden zu verleihen.
„Der Fall Heather & Erin“ ist ihr erstes veröffentlichtes Werk. Am liebsten schreibt sie im Genre Young Adult Romantasy, genießt aber auch neue Herausforderungen.
Das Thema ist Alltagsdiskriminierung. Als „Vorbild“ dienten mehrere Fälle in den USA, bei denen Dienstleister ihre Dienstleistungen queeren Personen gegenüber (meistens ging es um eine gleichgeschlechtliche Ehe) aus „religiösen Gründen“ verweigerten. Sie beriefen sich dabei auf die Meinungsfreiheit und widersprachen damit Schutzgesetzen. Der Staat würde ihnen eine Meinung aufdrängen. Sie müssten selbst aber entscheiden können, wen sie diskriminieren. (Ja, das ist nicht frei von Ironie.)
Früher ging die Diskriminierung noch viel weiter. Arbeitgeber konnten Angestellte entlassen, Vermieter Wohnungen verweigern, Ladenbesitzer Hausverbote aussprechen. Da davon Gebrauch gemacht wurde, wurden eine Reihe solcher Schutzgesetze erlassen (zumindest in einigen Ländern) – und diese Dienstleister haben versucht, sie auszuhebeln.
Wie viel diese Schutzgesetze in den USA in Zukunft noch wert sein werden, werden wir uns angucken müssen. Hier in Deutschland können wir dafür kämpfen, dass sie bestehen bleiben.
Der Fall Nadja & Phoebe wurde von Marvin Grauwolf geschrieben.
Marvin Grauwolf ist ein Philosophiestudent aus Düsseldorf mit einer blühenden Fantasie (sie heißt Lyssa). Seit 2019 erscheint seine Fantasy-Krimi-Reihe um Detective Gregori Shade im Selfpublishing. Wenn Marv nicht gerade schreibt oder die täglichen Brotchips verdient, leitet er Pen & Paper und terrorisiert Spieler.
Das vorrangige Thema ist Religion als Begründung für LGBTIQ*-Feindlichkeit, also ähnlich wie im Fall Heather & Erin.
Hier spielt noch ein weiteres wichtiges Thema hinein: Behinderung.
Nadja ist sozusagen doppelt bestraft. Sie ist seit einem Unfall auf einen Rollstuhl angewiesen, und sie ist mit einer Frau verheiratet. Das wird den beiden zum Verhängnis, als sie (unwissentlich) in die Nachbarschaft einer sehr speziellen Kirchengemeinde ziehen …Die Anthologie ist ab heute (01.06.) als
ebook und
Taschenbuch erhältlich.
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