Donnerstag, 10. August 2023

[Rezension] Jessica Graves "Aiden & Damian: Footprints in the Sand"

 


Diese Buchbesprechung ist mir relativ schwer gefallen.

Schon lange hat mich kein Buch mehr so emotional bewegt.
In mehrfacher Hinsicht. 

Deswegen wird dieser Text wohl den ein oder anderen Hinweis auf die Geschichte enthalten.
Auch wenn ich versuche, nicht zu spoilern, muss ich Dinge beim Namen nennen, um bestimmte Empfindungen zu erklären und der Zusammenhang ersichtlich ist.

Wer dies nicht möchte und auch keine Kritik lesen will, sollte nicht weiterlesen.

Wie in allen Teilen der "Footprints in the sand"-Reihe starten wir auch hier mitten im Pride Festival.

Damian und Aiden lernen sich kennen und merken ziemlich schnell, dass sie in gewissen Dingen sehr auf einer Wellenlänge liegen.
Es bleibt nicht aus, dass sie sich näher kommen und die Nacht miteinanderverbringen.

Die Autorin schafft es, sehr gut zu vermitteln, wie sich die beiden fühlen.

In einer nicht so alltäglichen Sache, wie in betrunkenem Zustand einfach zu vertrauen, mit der Situation nachvollziehbar umzugehen. Den Zweifeln, ob man das richtige getan hat und welche Konsequenzen es geben könnte, Raum zu lassen und zu hinterfragen. 

Gleichzeitig steckt sehr viel Humor in den Unterhaltungen drin, was mir unglaublich viel Spass gemacht hat.

Die Geschichte nimmt ihren Verlauf.
Die beiden lernen sich kennen, mögen sich, wollen mehr voneinander.
Gleichzeitig ist klar, dass es nur eine Sexbeziehung ist, was der eine mehr, der andere weniger möchte.
Trotzdem begegnen sich beide auf Augenhöhe.

Damian wird zwar als DarkDom_Adam in die Geschichte eingebracht, aber dies spielt für die eigentliche Handlung keine grosse Rolle und hätte es für die Geschichte nicht wirklich gebraucht. Es gibt nicht wirklich Szenen dafür.
Es sollte also keinen abschrecken.
 
Jessica's Schreibstil ist wirklich gut.
Sie zeichnet die Protagonisten wunderbar und lässt etwas entstehen, was mich sehr in den Bann gezogen hat.

Die Kennenlernphase, das Herantasten an Gefühle und die Erkenntnis, dass alles doch nicht so unkompliziert ist, alles entwickelt sich zu einer tollen Geschichte.

Ich war wirklich hin und weg und war sehr sicher, dass dies ein Highlightbuch werden kann.

Selbst als klar wird, dass die Beziehung eben nicht so einfach gehalten werden kann, wie gewünscht und dann auch noch etwas ans Licht kommt, was zusätzlich für Probleme sorgt, war ich begeistert.

Diese Mischung aus Humor, liebevollen, sexy Begegnungen und auch Herzschmerz mochte ich einfach.
50 % lang war ich begeistert in der Geschichte gefangen.

Und dann kam die Wende.
Leider, denn ab hier ist für mich die Geschichte komplett gekippt.

Natürlich muss ich betonen, daß es meine eigene Wahrnehmung ist.
Es wird viele geben, die diese Geschichte in ihrer Gesamtheit sehr mögen.
Die es völlig anders empfinden als ich.
Was mich sehr freut. Denn jeder liest und wertet in seinem eigenen Stil, was total legitim ist.

Für mich gab es eine Szene (für alle, die das Buch kennen, sage ich nur: Wand), die so ziemlich aus dem Nichts kam.
Für den Verlauf wurde sie wohl gebraucht, denn sie führt zu einem Ergebnis.

Ich für meinen Teil, habe mich aber erst einmal gefragt, wo kommt das jetzt so plötzlich her.
Es fühlte sich an, als fehlte ein Teil.

Am nächsten Morgen in der Geschichte kam dann der grosse Knall oder das DRAMA nahm seinen Lauf.

Für mich war das einfach zu viel des Guten.
Dieses wohlige Gefühl, welches ich bisher hatte, war dadurch schlagartig weg und ich habe mich ziemlich aufgeregt,.

Wer mich ein bisschen kennt, weiß, dass ich in der Regel nicht so stark emotional bin.
Aber hier war ich einfach nur unglücklich darüber, dass die bis dahin wirklich tolle Geschichte in diese Richtung abdriftete.

Verliebt hatte ich mich in eine schöne, entspannte Story, die auch einen gewissen Herzschmerz enthielt und in ihrer ruhigen Art gern so hätte weiter gehen können.
Ich war für diese komplette Kehrtwendung einfach nicht vorbereitet und habe es auch in der ersten Hälfte überhaupt nicht kommen sehen.

Natürlich hatte ich ziemlich grossen Redebedarf, weil mich dann sehr interessiert, ob ich mit meiner Meinung womöglich völlig daneben liege.
Das gestaltete sich schwierig, denn ich möchte niemanden eine Geschichte kaputt machen, wenn ich weiss, der Gegenüber mag das Gelesene sehr.
Und von den zwei, drei Leuten, die das Buch ebenfalls schon gelesen hatten, schien keinem zumutbar, dass ich meinen Frust ablade.

Dankbarerweise gab es dann doch eine Person, bei der ich meine Gedanken loswerden konnte, auch wenn sie selbst die Geschichte nicht kannte.

Manchmal muss man Gedanken und Gefühle aussprechen, um sie selbst einschätzen zu können und vielleicht auch mit ein bisschen Abstand besser zu verstehen.

Mittlerweile gibt es sogar jemanden, der das Buch ebenfalls gelesen hat und vielen meiner Punkte zustimmt. 
Im positiven wie im negativen.

Nachdem das Drama dann so richtig Fahrt aufgenommen hatte, war ich skeptisch neugierig, inwiefern eine Lösung herbei geführt werden würde.
Denn das am Ende ein Happy End zustande kommt, konnte man fast voraussetzen.

Angst hatte ich vor diesem Showdown, der dann aber doch relativ einfach gelöst wurde.
Gut so.

Und trotzdem musste dann eben doch noch ein Missverständnis hineingeschrieben werden.

Wenn man jemanden liebt, was hier gar keine Zweifel aufkommen ließ, warum kann ich nicht ein bisschen vertrauen.
Warum nimmt man immer sofort das schlimmste an und denkt, man wirft alles hin.

Dramatisch für die Story.
Für mich aber nervig und unnötig.

Dieses Klischees bedienen sich leider so vieler Autoren und Autorinnen durch alle Genres hindurch. 

Ausserdem war etwas nachträglich für mich nicht nachvollziehbar.
Wenn ich schon einmal genau dieses Szenario durchlebt habe, dann hinterfrage ich doch sicher, wenn ich eine ähnliche Ausgangslage habe.
Die einfache Frage "Bist du Student?" in "Was studierst du?" auszuweiten, wäre essentiell wichtig gewesen.
Ein unlogisches Verhalten für einen intelligenten Menschen. 

Auch wenn ich verstehe, dass ansonsten der Storyverlauf womöglich nicht funktioniert hätte.

Zum Ende der Geschichte kam wieder so ein kleines bisschen die Wohlfühlstimmung auf.
Sie reichte nicht an den Anfang heran.
Aber letztendlich versöhnte mich der Schluss.

Es wird besonders von der Autorin und auch von vielen Lesenden betont, dass Käse eine grosse Rolle spielt.
Für mich, die Käse nicht so viel abgewinnen kann, war es daher spannend, wie das umgesetzt wurde.
Keine Angst, Käse ist für einen der Protagonisten wichtig, aber es ist überhaupt nicht störend beim Lesen.

 
Mein Fazit zu diesem Buch:

Die erste Hälfte war grandios.

Jessica's Schreibstil ist interessant und schön. Sie kann Leser sehr gut unterhalten.

Für mich persönlich war das Drama unnötig, störend und ein grosser Aufreger.

Gleichzeitig verstehe ich, warum die Autorin dieses Thema gewählt hat.
Stalking und häusliche Gewalt zu thematisieren ist wichtig.
Es muss gezeigt werden, dass eben nicht nur Frauen davon betroffen sind, sondern auch Männer.
Und dann auch solche, bei denen man es aufgrund ihres Auftretens nicht vermuten würde.
In diesem Zusammenhang kann das Drama in einer Geschichte dann vielleicht auch wirklich nicht gross genug sein.

Leider konnte ich die beiden Hälften der Geschichte für mich nicht positiv vereinen.

Diese Reihe wird von den Autorinnen und dem Autor als Sommerreihe angepriesen.
Wer genau dies erwartet, könnte eine Überraschung erleben.
Denn die Geschichte ist so viel mehr.
Sie enthält ein wichtiges, aber dadurch auch schweres Thema.
Für manch einen, der Leichtigkeit und Sommerspass sucht, könnte es etwas zu stark sein.

Solltet ihr das Buch lesen?
Unbedingt.
Wenn ihr euch an Dramen nicht stört, seit ihr hier richtig.
Ihr bekommt ein gut geschriebenes Buch mit tollen Protagonisten und einer Handlung, die überraschend ist.

Solltet ihr doch die ein oder andere Szene nicht ganz so gelungen finden, es euch ähnlich gehen wie mir, dann hattet ihr jedoch über einen grossen Teil eine wirkliche gute Geschichte.

Wer möchte, darf sich dann gern bei mir melden.
Ich bin immer bereit für einen fairen und respektvollen Austausch.
Denn man sollte nie aus den Augen verlieren,  
dass andere grössten Lesespass empfinden und der Schreibende Herzblut hineingesteckt hat. 
Manchmal empfindet man Gelesenes völlig anders als der Rest und was der Autor eigentlich ausdrücken wollte.
Deswegen ist Wertschätzung eine Grundvoraussetzung für das kritisieren.

Als Bewertung erhält das Buch von mir 4 Sterne.

Natürlich war das Drama gross und ein riesen Aufreger für mich.
Die erste Hälfte war aber dafür um so hervorragender und die Geschichte im Ganzen gesehen gut gemacht. Das kann man einfach nicht wegdiskutieren.

Jessica hat es geschafft, dass dieses Buch in besonderer Erinnerung bleibt, weil es so grandios war und gleichzeitig so stürmische Gefühle entfacht hat.


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